Clubabend 11.10.2010 - Afghanistan hautnah

 Afghanistan hautnah
 

Einem ganz anderen Thema als nur der Fachsimpelei über alte Fahrzeuge haben wir uns am

11. Oktober 2010 gewidmet. Hatten wir doch Gelegenheit, aus erster Quelle Informationen über einen der größten Krisenherde der Welt: über Afghanistan zu beziehen. Neben einigen Vereinsmitgliedern waren auch eine „Handvoll“ Gäste zu uns in die „Rose“ gekommen. 

Afghanistan hautnah 

Jürgen Hauber, baden-württembergischer Kriminalbeamter, der bereits 2007/2008 seinen Schreibtisch in Stuttgart für 20 Monate gegen einen erheblich unruhigeren Arbeitsplatz am Hindukusch getauscht hat, um dort beim Aufbau einer Polizei-Organisation zu helfen und dortiges Personal zu schulen, stand uns als Gastredner zur Verfügung, bevor er in den nächsten Tagen erneut nach Afghanistan reisen wird.

Herr Hauber war bislang nicht nur als verantwortlicher Leiter des Deutschen Polizeiprojektes vor Ort gewesen, sondern auch als Leitender Polizeiberater des Deutschen Botschafters in Kabul. 

Es war kein reiner Reisebericht, den Herr Hauber uns gab, es war aber auch kein reiner Kriegs-bericht, wie der uns häufig aus den Medien geliefert wird.

Herr Hauber verstand es, einerseits wichtige Fakten über das Land, seine Geschichte, seine Bewohner, die wirtschaftliche und politische Situation vorzustellen, andererseits persönliche Erfahrungen und Erlebnisse einzubringen, so dass wir am Ende des Abends den Eindruck hatten, ein „runderes“ Bild dieses fremden Landes vor uns zu haben. Große Weiten und herrliche unberührte Landstriche prägen das Land.

 

Afghanistan hautnah

Gezeigte Utensilien zum Anfassen - von Landesliteratur über gefälschte Reisepässe zu landestypischer Bekleidung - machten manche Aussagen tastbar, fühlbar. Wer hat sich sonst schon mal eine echte Burka überziehen und damit den vergitterten Blick auf die Welt, der dort Frauen zugemutet wird, ermöglichen können?

 

Natürlich konnten wir der politischen Diskussion bei dem gebotenen Ernst zur komplexen Lage nicht ausweichen. Aber das Gespräch und das gezeigte Bildmaterial vermittelten auch einen Eindruck von den Schönheiten des Landes.

 

Erheiternd war z.B., dass durch die Russland-Ära in Afghanistan noch das Verkehrsrecht der damaligen DDR verblieben ist.

Ernüchternd die Erkenntnis, dass durch den verbreiteten Analphabetismus (2/3 der Bevölkerung sind betroffen, oft sogar Beamte, die Gesetze anwenden und umsetzen sollen) die Menschen nicht nur nicht lesen und nicht schreiben können und beim Abstrahieren ebenfalls Probleme haben. Hier Organigramme westlicher Machart anwenden zu wollen, ist unmöglich, einfach falsch.

 

Afghanistan hautnah

Arm an Bodenschätzen, bedeutend in der Opium-Produktion, fehlt dem unendlich weiten Land der Mittelstand, der wie überall sonst den Fortschritt betreibt. Bei fehlender Infrastruktur, sprich Straßen in entlegene Täler, entwickeln die dort ansässigen Bauern ihre eigenen Machtstrukturen (wie bei uns vor 200 Jahren?!), weil ja niemand aus der Hauptstadt bis dorthin vordringt.

Aber auch Autos kamen natürlich vor, sogar recht alte. Hilft doch das Klima (extrem heiss und extrem kalt, aber trocken), das Material zu erhalten. Und so bekamen wir Uralt-Kisten, zum Teil wunderschön verziert aus der Hippie-Zeit, aber meist total überladen zu sehen, die für uns hier ein Traum wären, vielleicht auch ein Alptraum.

Afghanistan hautnah

 

Beeindruckend auch die Bedeutung der Gastfreundschaft als lebenslang geltender Grundsatz, der bisweilen Blüten treibt, wenn ein afghanischer Würdenträger dieser Eigenschaft Ausdruck verleiht und einen westlichen, akzeptierten Gast Händchen-haltend über einen öffentlichen Platz führt.

Für uns eine bisweilen missverständliche Geste.

 

Aber so wie in diesem Beispiel muss man sich an manche etablierte Regeln annähern. 

 

 

 

Afghanistan hautnah

 

 

 

 

 

 

Nach Haubers Meinung lässt sich das afghanische Problem militärisch überhaupt nicht lösen. Vielmehr seien Entwicklung der Infrastruktur, Zivilorganisation, allgemeine Bildung etc. die maßgebenden Erfolgsfaktoren.

 

Ein langer Weg!

 

 

 

 

 

             Präsidialer Fuhrpark – Traum oder Alptraum?

 

 

Mit herzlichem Applaus und einer Flasche „Herztropfen“ (Rotwein) gegen den Krisenstress dankten die Anwesenden dem überzeugenden Polizisten für sein Engagement und seine hautnahen Beschreibungen.